Ständig werden wir mit Schreckensnachrichten überschüttet, nehmen herzzerreißende Anrufe von Freunden und Familienangehörigen entgegen und geraten so in einen ständigen Zustand der höchsten Alarmbereitschaft. Und es fällt uns schwer, über die Gefahren des Augenblicks hinwegzusehen und das größere Bild der Hoffnung zu erkennen.
Aber als jüdisches Volk sind wir nicht ohne Ressourcen, aus denen wir Trost schöpfen können. Unser Volk hat schon früher Unruhen, Kriege und Tragödien durchlebt. Und Gott ist immer bei uns gewesen.
Diese heiligen Schriften haben unser Volk durch die Jahrhunderte hindurch gestützt.
Eine der besten Quellen für uns in Zeiten der Krise ist das Buch der Psalmen. Die Psalmen berichten über den Glauben und den Mut unserer Vorfahren, die mutig zu Gott schrien und trotz der schlimmsten Dinge, die die Welt ihnen antun konnte, ihre Hoffnung nicht aufgaben. Und diese und die anderen heiligen Schriften haben unser Volk durch die Jahrhunderte hindurch gestützt.
Rabbi Dov Peretz Elkin, Autor und Dozent, erzählt eine Geschichte von jüdischen Flüchtlingen, die den Holocaust überlebt haben. Als sie durch ihre Heimat in Osteuropa kamen, entdeckten sie, dass ihr Dorf bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden war. Im Keller der ehemaligen Synagoge fanden sie ein paar beschädigte, aber lesbare Texte. Obwohl sie noch viel zu reisen hatten und von den Zeichen des Todes umgeben waren, hielten sie an. Dort, im Schein einer Kerze, fanden sie Trost im Lesen und Wiederholen der alten Worte.1
Wir beten dafür, dass du in den hier zusammengestellten Worten den gleichen Trost, die gleiche Bedeutung und die gleiche Hoffnung finden mögest.
Für Zeiten des Leidens
Psalm 77:2-4, 8-14
Meine Stimme ruft zu Gott, und ich will schreien!
Meine Stimme ruft zu Gott, dass er mir Gehör schenke.
Am Tag meiner Bedrängnis suchte ich den Herrn.
Meine Hand war des Nachts ausgestreckt und ließ nicht ab.
Meine Seele weigerte sich, getröstet zu werden.
Denke ich an Gott, so stöhne ich.
Sinne ich nach, so verzagt mein Geist.
Wird der Herr auf ewig verwerfen
und künftig keine Gunst mehr erweisen?
Ist seine Gnade für immer zu Ende?
Hat das Wort aufgehört von Generation zu Generation?
Hat Gott vergessen, gnädig zu sein?
Hat er im Zorn verschlossen seine Erbarmungen?
Da sprach ich: Das ist mein Schmerz,
dass sich die Rechte des Höchsten geändert hat.
Ich will gedenken der Taten Jahs;
ja, deiner Wunder von alters her will ich gedenken.
Ich will nachdenken über all dein Tun,
und über deine Taten will ich sinnen.
Gott! Dein Weg ist im Heiligtum.
Wer ist ein so großer Gott wie unser Gott?
Für diejenigen, die geliebte Menschen verloren haben
Psalm 6:7-10
Müde bin ich durch mein Seufzen;
jede Nacht schwemme ich mein Bett,
mache mit meinen Tränen mein Lager zerfließen.
Geschwächt von Gram ist mein Auge,
gealtert wegen all meiner Dränger.
Weicht von mir, alle ihr Übeltäter;
denn der HERR hat die Stimme meines Weinens gehört.
Der HERR hat mein Flehen gehört;
mein Gebet nimmt der HERR an.
Für diejenigen, die mit ihrer Frustration gegenüber Gott ehrlich umgehen
Psalm 89:47-52
Bis wann, HERR, willst du dich immerfort verbergen,
soll wie Feuer brennen dein Zorn?
Gedenke meiner, wie kurz meine Lebensdauer ist,
zu welcher Nichtigkeit du alle Menschenkinder erschaffen hast!
Welcher Mann lebt und wird den Tod nicht sehen,
wird sein Leben befreien von der Gewalt des Scheols?
Wo sind deine früheren Gnaden,
Herr, die du David zugeschworen hast in deiner Treue?
Gedenke, Herr, der Schmach deiner Knechte.
In meiner Brust trage ich all die vielen Völker mit ihrem Hohn,
womit deine Feinde gehöhnt haben, HERR,
womit sie gehöhnt haben die Fußspuren deines Gesalbten!
Für Soldaten
Psalm 34:5-11
Ich suchte den HERRN, und er antwortete mir;
und aus allen meinen Ängsten rettete er mich.
Sie blickten auf ihn und strahlten,
und ihr Angesicht wird nicht beschämt.
Hier ist ein Elender, der rief, und der HERR hörte,
und aus allen seinen Bedrängnissen rettete er ihn.
Der Engel des HERRN lagert sich
um die her, die ihn fürchten, und er befreit sie.2
Schmeckt und seht, dass der HERR gütig ist!
Glücklich der Mann, der sich bei ihm birgt!
Fürchtet den HERRN, ihr seine Heiligen!
Denn keinen Mangel haben die, die ihn fürchten.
Junglöwen darben und hungern,
aber die den HERRN suchen, entbehren kein Gut.
Für Sicherheit
Psalm 91:1–4
Wer im Schutz des Höchsten wohnt,
bleibt im Schatten des Allmächtigen.
Ich sage zum HERRN: Meine Zuflucht und meine Burg,
mein Gott, ich vertraue auf ihn!
Denn er rettet dich von der Schlinge des Vogelstellers,
von der verderblichen Pest.
Mit seinen Schwingen deckt er dich,
und du birgst dich unter seinen Flügeln.
Schild und Schutzwehr ist seine Treue.
Wenn wir gerettet werden müssen
Psalm 121
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher wird meine Hilfe kommen?
Meine Hilfe kommt vom HERRN,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er wird nicht zulassen, dass dein Fuß wankt.
Dein Hüter schlummert nicht.
Siehe, nicht schlummert und nicht schläft
der Hüter Israels.
Der HERR ist dein Hüter,
der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand.
Am Tag wird die Sonne dich nicht stechen,
der Mond nicht bei Nacht.
Der HERR wird dich behüten vor allem Unheil,
er wird dein Leben behüten.
Der HERR wird deinen Ausgang
und deinen Eingang behüten
von nun an bis in Ewigkeit.
Gottes Liebe zu Israel
Psalm 130:5-8
Ich hoffe auf den HERRN, meine Seele hofft,
und auf sein Wort harre ich.
Meine Seele harrt auf den Herrn,
mehr als die Wächter auf den Morgen,
die Wächter auf den Morgen.
Harre, Israel, auf den HERRN!
Denn bei dem HERRN ist die Gnade,
und viel Erlösung bei ihm.
Ja, er wird Israel erlösen
von allen seinen Sünden.
Unsere Identität und unsere Berufung
Psalm 105:1, 6-10
Preist den HERRN, ruft an seinen Namen,
macht unter den Völkern kund seine Taten!
Ihr Nachkommen Abrahams, seines Knechtes,
ihr Söhne Jakobs, seine Auserwählten:
Er ist der HERR, unser Gott!
Seine Urteile ergehen auf der ganzen Erde.
Er gedenkt ewig seines Bundes
– des Wortes, das er geboten hat auf tausend Generationen hin –,
den er gemacht hat mit Abraham,
und seines Eides an Isaak.
Er richtete ihn auf für Jakob zur Ordnung,
Israel zum ewigen Bund
Für das Festhalten an Gott inmitten des Chaos
Psalm 27:1-6
Der HERR ist mein Licht und mein Heil,
vor wem sollte ich mich fürchten?
Der HERR ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte ich erschrecken?
Wenn Übeltäter mir nahen,
mein Fleisch zu fressen,
meine Bedränger und meine Feinde
– sie straucheln und fallen.
Wenn sich ein Heer gegen mich lagert,
fürchtet sich mein Herz nicht;
wenn sich auch Krieg gegen mich erhebt,
trotzdem bin ich vertrauensvoll.
Eins habe ich vom HERRN erbeten,
danach trachte ich:
zu wohnen im Haus des HERRN
alle Tage meines Lebens,
um anzuschauen die Freundlichkeit des HERRN
und nachzudenken in seinem Tempel.
Denn er wird mich bergen in seiner Hütte
am Tag des Unheils,
er wird mich verbergen im Versteck seines Zeltes;
auf einen Felsen wird er mich heben.
Und nun wird mein Haupt sich erheben
über meine Feinde rings um mich her.
Opfer voller Jubel
will ich opfern in seinem Zelt,
ich will singen und spielen dem HERRN.
Bete mit uns: Unser Vater, unser König
Das Avinu Malkeinu ist ein Gebet, das jüdische Menschen auf der ganzen Welt jedes Jahr während der hohen Feiertage sprechen. Dieses schöne Gebet erinnert uns daran, unseren Vater-König um alles zu bitten, was wir brauchen. Im Folgenden findest du ausgewählte Passagen, die du beten kannst.
Unser Vater, unser König, schreibe uns in das Buch des guten Lebens ein.
Unser Vater, unser König, trage uns ein in das Buch der Erlösung und Befreiung.
Unser Vater, unser König, trage uns ein in das Buch des Lebensunterhalts und des Lebenserhalts.
Unser Vater, unser König, schreibe uns in das Buch der Verdienste ein.
Unser Vater, unser König, trage uns ein in das Buch der Vergebung und Verzeihung.3
Wir beten auch für dich. Möge unser Vater, unser König, dich und die deinen trösten und versorgen.