Die Messiasschaft Jesu ist keine offene Frage in der jüdischen Gemeinde. Eine rabbinische Studie des Christentums ist auf die Annahme gegründet, dass Jesus nicht der Messias ist, und dass das Neue Testament nicht das inspirierte Wort GOTTES in dem Sinne der Tora ist. Mit solchen Annahmen kommen jüdische Studierende des Christentums immer zu derselben, von vornherein feststehenden Schlussfolgerung, nämlich dass Jesus nicht der Messias ist. Mit dem Gewicht der Verantwortung für die örtliche Gemeinde, die auf ihnen lastet, werden wenige Rabbiner über die Angelegenheit offen oder wohlwollend nachdenken.
Es gibt einen Grund für diesen Mangel an Offenheit. Einfach ausgedrückt, rabbinische Theologie ist anders als biblische Theologie.
Es gibt einen Grund für diesen Mangel an Offenheit. Einfach ausgedrückt, rabbinische Theologie ist anders als biblische Theologie. Rabbinischer Judaismus ist nicht der Glaube der Bibel. Dieses Auseinandergehen war bereits vor der Zeit Jesu unter den unterschiedlichen Gruppen geschehen, und tatsächlich gab es zur Zeit Jeschuas eine Anzahl von unterschiedlichen Sekten innerhalb des Judaismus, jede mit ihrer eigenen Reihe von Lehren und Überzeugungen. Mit der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 christlicher Zeitrechnung und dem Verlust der Priesterschaft und der Möglichkeit des Opfers standen da nur wenige Hauptmöglichkeiten für die jüdische Gemeinde zur Verfügung. Eine davon war es, den Tod Jeschuas als Sühne anzunehmen. Die andere Hauptmöglichkeit war es, das jüdische Denken so zu rekonstruieren, dass die Gemeinde ohne einen Tempel existieren konnte, und dass Sünde ohne ein Opfer vergeben werden konnte.
Dies war die Wahl der Sekte der Pharisäer, deren Gedanke sich letzten Endes durchsetzte, um zu dem zu werden, was “die Hauptrichtung des Judaismus” oder gegenwärtiger rabbinischer Judaismus genannt worden ist. Statt der Schriften als dem wichtigsten Leitfaden zum Leben wurden die rabbinischen Diskussionen des Talmud und die verschiedenen Ableger der Tradition die Brennpunkte für die Planung des jüdischen Lebens und Denkens. Weil es keinen Platz für Jesus in diesen Traditionen gab, wurde es als Folge davon zu einem von vornherein feststehenden Ergebnis, dass ER nicht der Messias war.
Diese Position kristallisierte sich teilweise als Antwort auf die andauernde Wechselwirkung zwischen Juden und der institutionellen Kirche noch stärker heraus. Auf diese Weise wurde in mittelalterlichen Zeiten die rabbinische Haltung gegen die Ansprüche des Jeschua und die Lehre des Neuen Testaments gestärkt. Eine Anzahl von Beispielen kann dafür gegeben werden.
Siehe, Meinem Knecht, dem Messias, wird es gelingen
Nehmen Sie z. B. das rabbinische Verständnis von Jesaja 52, 13 bis Jesaja 53, 12. Nach dem Targum Jonathan, einer aramäischen Paraphrase der Schrift aus einer Zeit nahe an der Zeit Jesu, lautet die Wiedergabe des ersten Verses: “Siehe, Meinem Knecht, dem Messias, wird es gelingen”. Das Verständnis der Passage war messianisch. Dennoch werden die meisten modernen Rabbiner die Passage auf die Nation Israel beziehen. Dies spiegelt die mittelalterliche Neu-Deutung der Passage durch den berühmten französischen Rabbiner Raschi wider. Solch eine Neu-Interpretation widerspricht den Ansprüchen der an Jesus Gläubigen, aber läuft auch dem früheren Verständnis der Passage zuwider.
In einem anderen Bereich, dem der Natur GOTTES, haben wir bereits gesehen, wie Maimon bei der Beschreibung GOTTES den Begriff “echad” durch den Begriff “yachid” ersetzte. Das bedeutet, dass Maimon ein Wort für untrennbare Einheit gebrauchte, eher als das Wort, das eine Verbindungs-Einheit nahelegt, welche tatsächlich im Sh’ma gebraucht wird. Der Reihe nach sind Maimons dreizehn Glaubensartikel die Vorarbeit gewesen für moderne Formulierungen rabbinischer Theologie.
Der Glaube an Jesus ist nicht nur einfach eine Angelegenheit intellektueller Überzeugung.
Neben all diesem gibt es einen weiteren Faktor. Der Glaube an Jesus ist nicht nur einfach eine Angelegenheit intellektueller Überzeugung. Er ist verbunden mit der äußerst wichtigen Entscheidung zuzugeben, dass man sündig ist – nicht einfach bezüglich einzelner Taten, sondern von Natur aus – und umzukehren und in Jesus als Sühne für Sünde zu vertrauen. Dies ist ist für jeden ein schweres Eingeständnis, ob er Rabbi ist oder nicht, ob er Jude ist oder ein nicht-jüdischer Mensch. Wieviel schwerer ist es für jemanden in einer verantwortlichen Position in der jüdischen Gemeinde, einen solchen Schritt zu wagen.
Und doch … es hat Rabbiner gegeben, die zum Glauben gekommen sind. Einer war Rabbi Iechiel Lichtenstein, Rabbiner im Bezirk Tapio Szele in Ungarn während des 19. Jahrhunderts. Dann gab es Rabbi Chil Slostowski, einen orthodoxen Rabbiner in Dobnow, Polen und später in Lodz. In der Neuen Welt könnte man Max Wertheimer nennen, einen Reform-Rabbiner, der an der Wende dieses Jahrhunderts in Dayton, Ohio diente. Offensichtlich waren sie bereit dazu, die Konsequenzen ihres Glaubens an Jesus zu tragen, weil sie von der Wahrheit überzeugt waren.
Sind Sie auch dazu bereit?