Wie kannst du an das Neue Testament glauben? Steckt es nicht voller Antisemitismus und Lügen?

Das Neue Testament – das einfach “Neuer Bund” bedeutet – muss anerkannt werden als das, was es ist, als ein jüdisches Buch, beinahe ausschließlich von jüdischen Menschen geschrieben. Die meisten Begriffe im Neuen Testament können nicht unabhängig von ihrem Hintergrund in der Hebräischen Bibel verstanden werden. Vor ein paar Jahren war es modern zu behaupten, dass das Neue Testament einen großen Anteil an Ideen enthielte, die nicht jüdisch, sondern griechisch wären.

Doch in letzter Zeit hat die Archäologie die jüdischen Ursprünge von  praktisch allem im Neuen Testament bestätigt. Selbst ein Blick auf ein  paar Verse aus dem Neuen Testament zeigt den jüdischen Hintergrund, der  betroffen ist:

Dies ist der Stammbaum Jeschuas des Messias, des Sohnes Davids, des Sohnes Avrahams:” [Matthäus 1, 1]

Am achten Tag kamen sie, um die Berit Milah am Kind zu vollziehen.” [Lukas 1, 59]

Dann fand in Jeruschalajim das Chanukkah fest statt. Es war Winter, und Jeschua ging drinnen im Tempelbereich umher, in der Säulenhalle Schlomos.” [Johannes 10, 22-23]

Als sie ihn [Paulus] auf hebräisch sprechen hörten, wurden sie noch   ruhiger; und so fuhr er fort: ‘Ich bin Jude, geboren in Tarsus in   Zilizien, aber in dieser Stadt großgeworden und zu Füßen von Gamli-el in jeder Einzelheit der Tora unserer Vorväter unterrichtet. Ich war ein Eiferer für Gott, wie ihr alle, die ihr heute hier seid. [Apostelgeschichte 22, 2-3]

Von: Ja-akov, einem Sklaven Gottes und des Herrn, Jeschua des Messias / An: Die Zwölf Stämme in der Diaspora: / Schalom!” [Jakobus 1, 1]  

Dass das Neue Testament ein jüdisches Buch ist, das neben den  Hebräischen Schriften steht, wird zunehmend anerkannt, sogar in Israel.  Der israelische Gelehrte Pinchas Lapide hat von einer Untersuchung von zehn Lehrbüchern berichtet, die an den Grund- und Mittelschulen in  Israel eingesetzt wurden. Er berichtet:

In sechs der Bücher werden insgesamt 18 Stellen des Neuen Testaments  zitiert […] Drei Bücher geben detaillierte Erklärungen über die  historische, literarische und religiöse Bedeutung der vier Evangelien  […] In zwei Büchern werden Zitate aus dem Alten Testament neben Zitaten  aus dem Neuen Testament gebracht, um auf Ähnlichkeiten und Affinitäten hinzuweisen.1

Was die Behauptungen des Antisemitismus anbelangt, erinnern Sie sich  daran, dass es in den frühen Tagen des Christentums keine  nicht-jüdischen Gläubigen gab. Die ganze Frage, ob Jesus der Messias  war, war eine Familienangelegenheit, die in der jüdischen Familie  geklärt werden musste. In diesem Kontext muss der Ton vieler Passagen  gesehen werden, welche Kritik daran, oder an diesem Teil des jüdischen  Volkes darstellen. Die “harten” Passagen in dem Neuen Testament ähneln  viel mehr den moralischen Ermahnungen der Propheten, als der  intoleranten Phrasendrescherei der mittelalterlichen Predigten. Nehmen  Sie z. B. diese Passage:

Weh, sündig Volk / Nation, mit Schuld beschwert / der Übeltäter Brut /  Verderbersöhne! / Verlassen haben sie den Ewigen / den Heiligen Jisraels  verworfen / sind rückwärts entwichen.

Haben Sie geglaubt, diese Passage stamme aus dem Neuen Testament?  Vielleicht haben Sie sie nicht als ein Zitat aus dem alttestementlichen  Propheten Jesaja erkannt2.  Diese Art von Texten, die unser Volk von Sünde zurückrufen, sind immer  ein Teil der prophetischen Tradition gewesen. Das Neue Testament setzt  diese Tradition fort, neben der Tradition, die positive Seite von  Israels Beziehung zu GOTT näher auszuführen.

Die wirkliche Frage, mit der sich befasst werden muss, ist nicht: “Ist das Neue Testament jüdisch?”, sondern vielmehr: “Ist es wahr?” Wenn dieselben Untersuchungen der Geschichtlichkeit und Gültigkeit auf das Neue Testament angewendet werden wie auf die Hebräischen Schriften, werden beide als gleich jüdisch befunden werden.

  1. Lapide, Pinchas: Ist das nicht Josephs Sohn? Jesus im heutigen Judentum. Stuttgart, Calwer Verlag 1976. S. 61
  2. Jesaja 1, 4

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